Das globale Internet ist so gut wie grenzenlos und zumindest virtuell schrumpfen auch die größten Entfernungen auf ein Minimum. Das Ernestinum und seine Partnerschule, das College Saint Just in Soissons in Frankreich, rücken via Internet noch enger zusammen und wollen bei Bildschirmkonferenzen gemeinsamen Unterricht gestalten.
Am Dienstagmorgen um neun Uhr ging das Projekt an den Start, mit genau einer Woche Verzögerung. Denn: Die Premiere, ursprünglich geplant für den 22. Januar am 50. Jahrestag des Élysée-Vertrages (der deutsch-französische Freundschaftsvertrag), musste verschoben werden. Infolge des verschärften Winters war auf Rintelner Seite die Schule ausgefallen.
Auf dem kurzem Dienstweg hatten beide Schulen beziehungsweise die für das Projekt verantwortlichen Lehrer schnell einen Ersatztermin verabreden können.
Gespannt, doch nicht aufgeregt, erwarten in Rinteln Schüler der 6. bis 12. Klassen der Französischkurse um Studiendirektor André Sawade das Erscheinen ihrer Konferenzpartner auf dem großen Flachbildschirm. Vom Fleck weg herrscht heitere entspannte Gelassenheit, als die Verbindung Startschwierigkeiten endlich halbwegs steht.
Der Vorführeffekt im Verbund mit technischen Problemen macht die Angelegenheit noch etwas holperig. Der O-Ton Saint Just kommt gedämpft in Rinteln an, und Corinne Sylvos, Deutschlehrerin der Partnerschule erscheint in reichlich grober Auflösung auf der Flat-Screen. Es klemmt wiederholt im Netz, aber es reicht, damit Ernestinum-Schulleiter Reinhold Lüthen ein freundliches Grußwort in die Bildschirmkamera sprechen kann. Die Kekse, die die beiden Lehrer einander entgegen halten, gehen dagegen noch nicht durchs Netz. Denn beamen wie auf dem Raumschiff Enterprise, das klappt wohl vorläufig noch nicht.
Die sprachliche Verständigung an sich funktioniert indessen sehr gut. Beiderseits stellen sich Schülerinnen und Schüler vor in der Sprache der jeweils anderen Seite und können sich dabei sogar gegenseitig in die Klassenzimmer blicken. Auf französischer Seite winkt auch Schulleiter Lepers ins Bild.
Die Bildschirmkonferenz kann fortgesetzt werden, und unter anderen versichert Julie Grandot aus Soissons, die im vergangenen Jahr als Austauschschülerin in Rinteln war: „Ich finde Deutsch gut und leichter als Englisch.“ Herzlicher Applaus aus Rinteln unterstreicht die entspannten Beziehungen, welche die junge Generation beider Nationen nach 50 Jahren deutsch-französischer Freundschaft heute miteinander verbinden. Die Schüler sprechen nicht nur die Sprache der jeweils anderen Seite, sie haben sich auch etwas zu sagen. Und wenn es nur ein legeres Bonjour ist, das Tobi aus Rinteln mit einem freundlichen Lächeln in den Bildschirm spricht. „Findet Ihr eigentlich Französisch schwer“, fragt eine Schülerin aus Soissons. „Nein ich finde es nicht schwer, weil man viele Vokabeln erschließen kann“, ist die Antwort aus Rinteln. Und wem es doch etwas schwerer fallen sollte, dem hilft ein Übersetzer oder eine Übersetzerin mit fortgeschrittenen Sprachkenntnissen, so wie Amelie Steding.
Der Pausengong im Ernestinum ertönt, und Corinne Sylvos schließt auf das Ende der Extrastunde: „Bei Euch hat’s geklingelt“. „Kein Problem, die Schüler verzichten gerne auf die Pause“, versichert Sawade. Zur Belohnung gibt es noch ein Cello-Ständchen aus Soissons. Und als die Konferenz tatsächlich endet, bekommen die Rintelner Teilnehmer noch ein stilgerechtes Minifrühstück bestehend aus einem Croissant und einer Flasche mit original französischer Limonade…
(nach Schaumburger-Zeitung vom 31.1.13 who)