TimE 2012 bringt wieder ein Musical auf die Bühne

11 Jun, 2012
Autor: red
Kategorie: Allgemein


Laut, verrückt, aberwitzig, gewagt und überdreht – nur mit solchen Adjektiven wohl kann man die Premiere des Musicals „Matratzengeflüster“ beschreiben, die das Orchester und die Theatergruppe des Gymnasiums Ernestinum am Mittwoch bravourös im Brückentorsaal präsentierten. Die zarte „Prinzessin auf der Erbse“ als grobschlächtiges Trollprinzesschen aus dem Sumpf, der schöne Prinz ein stotterndes liebes Muttersöhnchen, die Königin ein wunderbares Biest auf Stöckelschuhen – ob sich die Brüder Grimm wohl im Grabe umgedreht hätten?
Unter dem Titel „Once Upon a Mattress“ war das Musical mit Songs von Mary Rodgers 1959 am Broadway uraufgeführt und ein Riesenerfolg geworden. Ob aber jemals bei all den nachfolgenden Inszenierungen eine Prinzessin mit Nadine Frevert mithalten konnte? Die Ernestinum-Schülerin kannte keine Gnade in der Interpretation ihrer Rolle. Sie sang, dass einem die Ohren dröhnten, pöbelte, fluchte, schmiss sich den Leuten mit rückhaltloser Zärtlichkeit an den Hals und brachte doch in ihrer überbordenden Zuneigung für den kindlichen Prinzen und in klugen Ratschlägen für ein verzweifeltes Liebespaar ganz großartig rüber, dass sie eine wahre Herzensprinzessin ist.
Auch die anderen Hauptdarsteller hatten etwas Umwerfendes, angefangen bei Lu Yu Zou als Domina-Königin, so souverän in ihrem hautengen, knallroten Kleid und Zehn-Zentimeter-High-Heels. Dann Dominik Ziaja, der den scheinbar für immer im Kindchenstadium stehen gebliebenen, brautsuchenden Prinzen spielte und dabei unweigerlich die Herzen der Zuschauer gewann. Kevin Samra, der zur Stummheit verzauberte König, dessen stumm gespieltes „Aufklärungsgespräch“ zwischen Vater und Sohn tosenden Extra-Applaus bekam, und das in Liebesmissverständnissen gefangene Pärchen Sir Harry (Konstantin Ekonomi) und Lady Lerche (Angela Gehrckens), die beide nicht nur schauspielerisch, sondern erst recht durch ihren Gesang überzeugen konnten.
Theater-im-Ernstinum-“TimE“-Leiter Alexander Wolf war ein echtes Risiko eingegangen, als er zusammen mit Orchesterleiter Sven Rundfeldt das oft ins beinahe Absurde driftende Musical-Projekt startete. Den jungen Musikern und singenden Schauspiel-Schülern wurde höchstes Engagement abverlangt bei der Inszenierung eines sehr komödiantenhaften und trotzdem anspruchsvollen Musicals, das durchaus tieferen Sinn aufweisen kann, wenn man es – wie es der Fall war – richtig in Szene setzt. Durch alle Albernheiten und anarchistisch-kindlichen Klamauk hindurch ging es darum, wahre Liebe und Menschlichkeit auch dann zu erkennen, wenn alle Klischees durchbrochen werden.
Das Engagement für die musikalische Geschichte rund um eine Anti-Prinzessin und wie sie ihren Prinzen von seiner egoistischen Mutter erlöst, wurde schön belohnt. Inken Weber als Magierin, Johanna Ehlers als Bardin, die das Spektakel singend erzählt, Katrina Funkner als Krisen entschärfende Närrin und dazu der Hofstaat-Chor, sie ernteten tosenden Beifall, zusammen mit den Jungs von der Technik und dem Orchester, dem sich in den letzten Wochen immer mehr neugierige Schüler angeschlossen hatten. Schulleiter Reinhold Lüthen überreichte Blumensträuße und außerdem – durch Publikums-Beifall unterstützt – einen Freibrief, den nächsten Schultag erst zur dritten Stunde zu beginnen.
aus Schaumburger Zeitung vom 8.6.12

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